Mut zur Lücke

Juni 24, 2025

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Mut zur Lücke: Warum Füh­rung nicht heißen muss, alles zu wissen

Früher hätte ein Satz wie dieser wohl für Stirn­run­zeln gesorgt, oder für das Ende der Kar­rie­re:

“Ich habe keine Ahnung.”

Heute kann genau dieser Satz Ver­trau­en schaf­fen. Nicht, weil man nichts weiß, son­dern weil man offen mit Unsi­cher­heit und Unwis­sen­heit umgeht.

Denn in einer Welt, in der Kom­ple­xi­tät, Unge­wiss­heit und stän­di­ger, schnel­ler Wandel den Takt vor­ge­ben, ist der Anspruch, immer alles im Griff zu haben, nicht nur unrea­lis­tisch, er ist ris­kant. Wer per­ma­nent so tut, als wäre alles klar, ver­liert auf Dauer nicht nur Ener­gie, son­dern auch Ver­trau­en.

Der Mythos der all­wis­sen­den Füh­rungs­kraft

Das Bild hält sich hart­nä­ckig: Die sou­ve­rä­ne Füh­rungs­kraft, die nie wackelt. Die alles weiß, vor­aus­schaut, vor­be­rei­tet ist. Die Mischung aus Schach­groß­meis­ter, Kri­sen­ma­na­ger und Psy­cho­lo­ge. Aber Hand aufs Herz: Wer kann diesem Bild wirk­lich gerecht werden?

In der Praxis ent­steht durch diesen Anspruch oft genau das Gegen­teil von dem, was Füh­rung bewir­ken soll:

  • Ent­schei­dun­gen ver­zö­gern sich
  • Mit­ar­bei­ten­de schal­ten ab
  • Teams ver­lie­ren Ver­trau­en

Warum? Weil man spürt, wenn etwas nur Fas­sa­de ist. Weil „Nicht­wis­sen“, wenn es ver­steckt wird, mehr Unsi­cher­heit erzeugt als Klar­heit.

Dabei ist die Alter­na­ti­ve gar kein Kon­troll­ver­lust, son­dern ein bewuss­ter Per­spek­ti­ven­wech­sel. Wer sagt: “Ich weiß es gerade nicht, aber ich bleibe dran”, zeigt nicht Schwä­che, son­dern Sou­ve­rä­ni­tät.

Eine Geschäfts­füh­re­rin, mit der ich gear­bei­tet habe, hat das ein­drück­lich vor­ge­macht. In einer Phase großer Ver­än­de­rung sagte sie vor dem gesam­ten Team:

“Ich weiß, dass viele von euch ver­un­si­chert sind. Ganz ehr­lich: Ich bin es auch. Aber ich nehme eure Fragen mit, ich halte euch auf dem Lau­fen­den, und ich treffe Ent­schei­dun­gen dort, wo sie jetzt nötig sind.”

Die Reak­ti­on? Kein Murren. Kein Augen­rol­len. Son­dern Respekt.

Denn sie hat Unsi­cher­heit nicht ver­steckt, son­dern greif­bar gemacht. Diese Hal­tung signa­li­siert Authen­ti­zi­tät und Ver­ant­wor­tungs­über­nah­me.

Vom Ansa­gen zum Anre­gen

Wenn das alte Ideal der Füh­rungs­kraft nicht mehr trägt… was tritt an seine Stelle?

Füh­rung, die nicht auf alles eine Ant­wort hat, aber die rich­ti­gen Fragen stellt und Denk­pro­zes­se ermög­licht.

Ein Team­lei­ter brach­te das in einem Stra­te­gie-Work­shop auf den Punkt. Statt mit einer Lösung kam er mit einer Frage: “Was brau­chen unsere Kunden in zwei Jahren, das sie heute noch nicht erwar­ten?”

Keine ein­fa­che Frage, aber eine, die Raum öff­ne­te: für Dis­kus­si­on, Ideen, Ener­gie. Genau das ist Füh­rung: nicht Fest­le­gung, son­dern Rah­mung.

Wich­tig ist dabei: Fragen stel­len bedeu­tet nicht, sich aus der Ver­ant­wor­tung zu ziehen. Im Gegen­teil. Gute Füh­rung schafft Klar­heit dar­über, wer was ent­schei­det, nach wel­chen Kri­te­ri­en und wo Spiel­räu­me bestehen.

Manche nennen das einen “Ent­schei­dungs­rah­men”. Ich finde das Bild eines Diri­gen­ten tref­fen­der: Er kennt das Stück, gibt den Takt, spielt aber kein ein­zi­ges Instru­ment selbst. Er ver­traut auf die Kom­pe­tenz der Musi­ke­rin­nen und Musi­ker. Er sorgt dafür, dass viele Stim­men zu einem har­mo­ni­schen Klang werden.

So zeigt sich moder­ne Füh­rung: nicht im All­wis­sen­sein, son­dern im Ermög­li­chen.

Kol­lek­ti­ve Intel­li­genz als Schlüs­sel zur Wirk­sam­keit

Wenn du nicht alles wissen musst, dann darfst du lernen, das Wissen ande­rer zu nutzen. Und das heißt: Ver­ant­wor­tung neu ver­ste­hen.

Ver­ant­wor­tung bedeu­tet nicht, jede Ent­schei­dung selbst zu tref­fen. Es bedeu­tet, gute Ent­schei­dun­gen zu ermög­li­chen… gemein­sam.

Das bedeu­tet kon­kret:

  • Dein Team weiß Dinge, die du nicht weißt. Nutze das.
  • Du musst nicht jede Ent­schei­dung tref­fen – aber du musst klären, wie ent­schie­den wird.
  • Und du musst Struk­tu­ren schaf­fen, in denen Ideen gehört, abge­wo­gen und umge­setzt werden können.

Das ist kein Lais­sez-faire. Son­dern Füh­rung mit System, Hal­tung und Ver­trau­en.

Ich erin­ne­re mich an einen Füh­rungs­kräf­te-Work­shop, in dem ein Team fast im “War­te­mo­dus” war. Warum? Weil der Chef jede Ent­schei­dung bei sich behielt. Als er begann, Ent­schei­dungs­räu­me bewusst zu über­tra­gen, pas­sier­te etwas Erstaun­li­ches: Das Team blühte auf.

Denn wer mit­den­ken darf, trägt mit und somit hatte er selbst end­lich wieder den Kopf frei für die Themen, die wirk­lich bei ihm lagen.

Tipps für den Füh­rungs­all­tag

Zum Schluss drei ganz prak­ti­sche Impul­se, wie du sou­ve­rän mit Nicht­wis­sen umgehst – und dabei sogar Ver­trau­en und Ent­schei­dungs­kraft stär­ken kannst.

1. Sag offen, was du (noch) nicht weißt und was du trotz­dem ent­schei­dest

Nicht­wis­sen wird führ­bar, wenn du es kom­bi­nierst mit einem klaren “Und trotz­dem”:

“Ich weiß noch nicht, wie die neue Struk­tur genau aus­se­hen wird. Aber ich weiß, dass wir bis Monats­en­de hand­lungs­fä­hig blei­ben müssen. Dafür prio­ri­sie­ren wir jetzt diese drei Themen.”

2. Nutze Ent­schei­dungs­for­ma­te, die Klar­heit schaf­fen

Du musst nicht jede Ent­schei­dung selbst tref­fen, aber du trägst die Ver­ant­wor­tung dafür, dass ent­schie­den wird.

Struk­tu­rier­te Ent­schei­dungs­pro­zes­se helfen, Unsi­cher­heit im Team gemein­sam zu tragen. Sie schaf­fen Ori­en­tie­rung und ent­las­ten… dich und andere. Wich­tig ist: Die Form muss zur Situa­ti­on und zum Rei­fe­grad des Teams passen.

Zum Bei­spiel:

  • Dele­ga­ti­on: Wer hat die fach­li­che Exper­ti­se? Wer kann sinn­voll und eigen­ver­ant­wort­lich ent­schei­den?
  • Kon­sent: Gibt es schwer­wie­gen­de Ein­wän­de – oder ist die Ent­schei­dung trag­fä­hig genug für den nächs­ten Schritt?
  • Rol­len­ba­siert: Wer trägt inhalt­lich die Ver­ant­wor­tung – unab­hän­gig von Hier­ar­chien?

So ent­ste­hen Betei­li­gung, Klar­heit und Ver­bind­lich­keit, ohne Kon­troll­ver­lust und ohne Chaos.

3. Defi­nie­re klare Ent­schei­dungs­räu­me

Viele Miss­ver­ständ­nis­se ent­ste­hen nicht, weil Ent­schei­dun­gen falsch sind, son­dern weil unklar ist, wer sie tref­fen darf – und wie weit der eigene Hand­lungs­spiel­raum reicht.

Des­halb: Defi­nie­re bewusst, welche Ent­schei­dun­gen in deinem Team von wem getrof­fen werden und unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen.

Ein hilf­rei­ches Tool dafür ist das soge­nann­te “Ent­schei­dungs­can­vas”.

Eine ein­fa­che Über­sicht, die sicht­bar macht,

  • wer welche Ent­schei­dung trifft,
  • auf wel­cher Infor­ma­ti­ons­ba­sis
  • und inner­halb wel­cher Leit­plan­ken.

Das schafft Sicher­heit, ent­las­tet dich selbst und stärkt gleich­zei­tig die Eigen­ver­ant­wor­tung im Team.

Fazit

Füh­rung heute ist kein Test, bei dem du alle Ant­wor­ten kennen musst. Sie ist eher wie eine gute Mode­ra­ti­on: Du sorgst dafür, dass das Beste aus allen Per­spek­ti­ven zusam­men­kommt.

Was ich dir abschlie­ßend mit­ge­ben möchte: Nicht­wis­sen ist kein Pro­blem, solan­ge du weißt, wie du damit umgehst. Denn genau dann ent­steht Raum für Ver­trau­en, Mit­ver­ant­wor­tung und trag­fä­hi­ge Ent­schei­dun­gen.

Viel­leicht liegt deine größte Wir­kung genau dort, wo du nicht alles weißt, aber bereit bist, den Raum zu öffnen, in dem gemein­sam gedacht, getra­gen und ent­schie­den werden kann.

Christian Koudela

Entscheidungsnavigator, Autor, Berater & Trainer

Ich will echte Veränderungen ermöglichen und Unternehmen zu einem Ort machen, an dem Wertschätzung für die Leistungen und Kompetenzen aller Beteiligten zum Alltag gehört. An dem die Arbeit Freude und Sinn stiftet – ein arbeitswerter Ort ist. Und nicht nur ein Rettungsanker sein, mit dem du dich immer wieder von einer herausfordernden Entscheidung zur nächsten hangelst.

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