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Was Vertrauen im Team sichtbar macht, und was nicht
Stell dir ein Team vor, in dem alle Mitglieder ohne Bedenken ihre Ideen äußern, konstruktive Kritik üben und gemeinsam an Lösungen arbeiten können. Ein Team, in dem nicht jeder seinen eigenen Bereich verteidigt, sondern alle an einem Strang ziehen. Der Unterschied zwischen diesem Team und einem, das nicht funktioniert? Oft ist es eine Frage des Vertrauens. Vertrauen ist wie Sauerstoff – du merkst erst, wie wichtig es ist, wenn es fehlt. Es entsteht langsam, kann aber schnell schwinden und entscheidet im Alltag oft über Erfolg oder Stillstand. Besonders in Führungssituationen, in Teams und in Veränderungsprozessen ist Vertrauen der Schlüssel zum Erfolg.
“Woran erkennst du, ob Vertrauen herrscht?” frage ich Isabella. Ihre Antwort ist simpel und vielsagend: “Ob gesprochen wird. Oder nicht.”
Denn nicht jede Stille ist gleich. Es gibt die vertraute Stille zwischen Kolleg:innen, die sich kennen, einander einschätzen können und sich nicht über jede Kleinigkeit absichern müssen. Und dann gibt es die beklemmende Stille, die Distanz. Wenn Menschen nebeneinander sitzen, ohne ins Gespräch zu kommen, ohne Small Talk, ohne Blickkontakt. Dann stimmt etwas nicht. Und das spürt man.
Vertrauen hat viel mit zwischenmenschlichem Zugang zu tun: Wie offen teilen wir Informationen? Auf welcher Ebene kommunizieren wir? Bleiben wir bei Fakten und Prozessen. Oder geben wir auch mal etwas von uns preis, zeigen vielleicht sogar eine Meinung, eine Unsicherheit, eine Emotion?
Ein besonders guter Indikator für Vertrauen ist Humor. Nicht der gezwungene oder der ironische, sondern der, der sich im gemeinsamen Lachen zeigt. Teams, die miteinander lachen können, haben oft auch gelernt, einander zu nehmen, wie sie sind. Sie haben einen geteilten Referenzrahmen, Insider-Witze, kleine Rituale. Humor wird zum Vertrauensverstärker, aber eben nur, wenn er auf einem ehrlichen Miteinander basiert.
Vertrauen beginnt mit Verletzlichkeit
Vertrauen ist eine Vorschussleistung. Es entsteht nicht durch Verträge oder Organigramme, sondern durch Mut. Den Mut, sich zu zeigen. Und das heißt: auch mal unvollkommen zu wirken. Auch mal nicht alles zu wissen. Auch mal sagen zu können: “Ich brauche Hilfe.”
Isabella bringt es auf den Punkt:
“In einem Umfeld, wo ich mich nicht gesehen, gehört, gewertschätzt fühle oder vielleicht sogar verletzt wurde, werde ich mich nicht öffnen. Punkt.”
Was bleibt, ist ein Rückzug auf die kognitive Ebene. Dann werden Meetings zu Zahlen-Talks, Entscheidungen zu Excel-Schlachten. Und das Menschliche verschwindet aus dem Raum.
Dabei ist gerade das Menschliche der Kitt, der Zusammenarbeit trägt. Vertrauen braucht nicht nur das Gesagtwerden, sondern auch das Gehörtwerden. Wer einen Gedanken teilt, eine Idee, ein Fragezeichen, und erlebt, dass das aufgenommen wird, der wird sich beim nächsten Mal eher wieder melden. Und genau so entsteht über Zeit ein Gefühl von Sicherheit: “Ich darf hier sein, wie ich bin.”
Diese Verletzlichkeit zeigt sich auch in der Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Nicht nur für Aufgaben, sondern fürs Miteinander. Wenn ich mich darauf verlassen kann, dass du tust, was du sagst – und wenn ich selbst das tue, was ich zusage – dann entsteht Verlass. Und Verlass ist einer der stabilsten Bausteine für Vertrauen.
Humor, Smalltalk, Persönliches – unterschätzte Türöffner
Vertrauen entsteht nicht nur im Strategiemeeting oder beim Feedback-Gespräch. Es entsteht in den Zwischenräumen. Beim Kaffeeautomaten, im Chat, beim kurzen Blick über den Bildschirm.
“Ich muss dich nicht lieben, aber ich muss dich als Mensch erfassen können”
sagt Isabella. Und genau das gelingt vor allem dann, wenn wir auch mal persönlich werden dürfen. Wer du bist, was dich antreibt, worüber du lachen kannst, was dich nervt. All das hilft mir, dich besser einzuordnen. Und genau das macht Zusammenarbeit einfacher.
Besonders in angespannten Phasen zeigt sich, wie stabil das Fundament ist. Wenn ein Witz falsch ankommt oder eine Bemerkung daneben geht … wird das angesprochen oder totgeschwiegen? Kann man darüber reden, vielleicht sogar darüber lachen? Oder entstehen Gräben, die bleiben?
Teamkultur zeigt sich nicht nur in Leitbildern, sondern in Alltagssituationen. Und dort, wo auch mal gelacht werden darf, wo Small Talk nicht als Zeitverschwendung, sondern als Beziehungsarbeit gesehen wird, da kann Vertrauen wachsen. Es ist das Banale, das Tiefe ermöglicht.
Warum Teambuilding allein nicht reicht
Teamevents sind beliebt. Kartfahren, Floßbauen, Hochseilgarten. “Und dann kommt man zurück ins Büro, und zwei Wochen später ist wieder alles wie vorher”, sagt Isabella. Ihre Kritik: Solche Events bleiben oft isoliert. Emotional aufgeladen, ja, aber ohne strukturelle Verankerung im Alltag.
Was es braucht, ist Übersetzung. Erlebnisse müssen reflektiert werden:
Was sagt das über uns als Team? Wie treffen wir Entscheidungen? Wie gehen wir mit Spannungen um?
Und daraus sollten klare Vereinbarungen entstehen – keine Spielregeln im klassischen Sinn, sondern “Genussregeln”, wie Isabella sie nennt. Bewusst gelebte Prinzipien, die das Miteinander erleichtern.
Solche Regeln brauchen Sichtbarkeit. Sie dürfen in Meetings eingebracht, überprüft, angepasst werden. Und sie brauchen Konsequenz. Nicht im Sinne von Sanktion, sondern als Einladung:
Wollen wir wirklich so zusammenarbeiten?
Vor allem die Führungskraft hat hier eine Vorbildrolle: Wenn sie die gemeinsamen Werte selbst ignoriert, verlieren sie schnell ihre Kraft.
Vertrauen ist kein Event-Ergebnis. Es ist ein Prozess. Und der braucht Wiederholung, Reflexion, Klarheit. Und – ganz banal – das ernsthafte Interesse am Gegenüber.
Was Führungskräfte konkret tun können
Wie kann man nun als Führungskraft oder Teammitglied aktiv Vertrauen aufbauen? Im Gespräch mit Isaballe teilen wir mehrere konkrete Ansätze:
- Transparenz und Entscheidungsfreude zeigen
Auf die Frage nach den häufigsten Wünschen an Führungskräfte nennt Isabella zwei zentrale Punkte:
“Einerseits transparent im Sinne von Informationen teilen, kommunizieren. […] Und der andere ist: Triff Entscheidungen. Auch Entscheidungen zu treffen erzeugt Vertrauen.“
Wenn Mitarbeitende Entscheidungen nachlaufen müssen oder wichtige Informationen fehlen, nagt das am Vertrauensband zwischen Menschen. - Verlässlichkeit demonstrieren
“Du sagst, du machst das. Das ist das, was Vertrauen erweckt, langfristig”, erklärt Isabella. Wenn Zusagen eingehalten werden, stärkt das das Vertrauen. Wenn nicht, belastet es die “Vertrauenskassa”, wie Isabella es nennt. - Gemeinsame Regeln etablieren
Nach Teambuilding-Aktivitäten oder Workshops ist es wichtig, die Erkenntnisse in den Alltag zu übertragen. Isabella empfiehlt, gemeinsame “Genussregeln” zu etablieren:
“Bewusst: Worauf wollen wir uns committen? Und diese Regeln oder diese Genussregeln, die sollten im Alltag immer wieder hervorgeholt werden.” - Selbstreflexion praktizieren
“Vertrauen hat viel damit zu tun, sich selbst gut zu kennen, sich selbst gut zu vertrauen”, betont Isabella. Sie empfiehlt Affirmationen wie “Ich vertraue mir selbst” oder “Ich vertraue auf mich und meine Entscheidungen” als kraftvolle Tools zur Stärkung des Selbstvertrauens. - Ein Team-Motto entwickeln
Um das kollektive Vertrauen zu stärken, kann ein gemeinsames Motto oder ein Slogan hilfreich sein: “Was ich so schön finde, ist als Team auch eine Affirmation oder ein Spruch, ein Slogan, ein Motto zu finden. Das verbindet und mit dem kann man sich auch wieder identifizieren.“Vertrauen zu fördern heißt nicht, alles laufen zu lassen. Es heißt, bewusste Räume zu schaffen, in denen Verantwortung übernommen werden kann. Es heißt, sich selbst zurückzunehmen, damit andere wachsen können. Und es heißt, ansprechbar zu bleiben – auch wenn es unbequem wird.
Vertrauen als Haltung und tägliche Entscheidung
Vertrauen ist kein Zustand. Es ist eine Haltung. Und diese Haltung will gepflegt werden. Im Podcast tauchen mehrere kraftvolle Bilder auf: das “Vertrauen als Bankkonto”, auf das man einzahlen kann. Das “Teamvertrauen”, das entsteht, wenn alle an einem Strang ziehen. Und das “Selbstvertrauen”, das die Basis für alles andere bildet.
Wer anderen vertrauen will, muss zuerst sich selbst vertrauen. Das klingt banal, ist aber zentral. Denn viele Vertrauenskonflikte haben mehr mit der eigenen Geschichte zu tun als mit dem Gegenüber. Wer gelernt hat, dass Kontrolle Sicherheit gibt, wird schwer loslassen. Wer oft enttäuscht wurde, wird sich schwer tun, Vorschuss zu geben.
Hier helfen Rituale, Reflexion und manchmal auch Affirmationen. “Ich vertraue mir und meinen Entscheidungen.” “Ich traue meinem Team zu, mehr zu leisten als ich denke.” “Ich muss nicht alles wissen, um sicher zu sein.” Solche Sätze wirken. Nicht, weil sie magisch sind, sondern weil sie helfen, innere Haltung zu stabilisieren.
Vertrauen braucht auch Sprachbilder. “Wir sind ein Team.” “Wir schaffen das.” “Wer, wenn nicht wir?” Solche Mottos stiften Identität. Sie machen aus Einzelnen eine Gemeinschaft. Und sie erinnern daran, dass es manchmal reicht, einfach loszugehen – und darauf zu vertrauen, dass der nächste Schritt sich zeigen wird.
Die drei Dimensionen des Vertrauens
Im Laufe des Gesprächs kristallisieren sich drei wesentliche Dimensionen des Vertrauens heraus:
- Zwischenmenschliches Vertrauen: Das Vertrauen zwischen einzelnen Teammitgliedern und zur Führungskraft
- Selbstvertrauen: Das Vertrauen jedes Einzelnen in die eigenen Fähigkeiten und Entscheidungen
- Kollektives Vertrauen: Das Vertrauen des Teams in sich selbst als Einheit
Besonders die dritte Dimension, das kollektive Vertrauen, streichen wir als besonders kraftvoll hervor:
“So wie es die kollektive Intelligenz gibt, gibt es vielleicht auch dieses Team-Vertrauen, kollektive Vertrauen.”
FAQ zum Thema Vertrauen in Teams
Wie erkenne ich, ob in meinem Team Vertrauen herrscht?
Achte auf die Qualität der Kommunikation. In vertrauensvollen Teams teilen Menschen mehr von sich selbst mit, gehen über die reine Faktenebene hinaus, und Humor ist oft präsent. Teams mit wenig Vertrauen beschränken sich häufig auf das Nötigste und die rein sachliche Ebene.
Kann verlorenes Vertrauen wiederhergestellt werden?
Ja, aber es ist herausfordernd. Wenn Vertrauen einmal “angeknackst” ist, braucht es intensive Auseinandersetzung und offene Gespräche. Es ist wichtig, Verletzungen anzusprechen und gemeinsam Wege zu finden, diese zu überwinden.
Welche Rolle spielt Vertrauen bei Veränderungsprozessen?
In Zeiten der Veränderung ist Vertrauen besonders wichtig. Wenn Teammitglieder der Führung und dem Prozess vertrauen, sind sie eher bereit, Unsicherheiten auszuhalten und aktiv mitzugestalten. Ohne Vertrauen entstehen oft Widerstände und Blockaden.
Wie kann ich als Führungskraft Vertrauen aufbauen?
Sei transparent in deiner Kommunikation, triff klare Entscheidungen, halte deine Zusagen ein und zeige dich auch als Mensch. Gib Vertrauen als Vorschuss und schaffe Räume, in denen sich dein Team sicher fühlen kann, auch Fehler zu machen und daraus zu lernen.
Braucht es für Vertrauen persönliche Nähe im Team?
Nicht unbedingt persönliche Nähe im Sinne von Freundschaft, aber ein gewisses Maß an Kennenlernen ist wichtig. Isabella Zierhut betont: “Ich muss dich als Mensch kennenlernen, um dich einschätzen zu können.” Je mehr wir voneinander wissen, desto besser können wir einander vertrauen.
Fazit: Vertrauen ist das Fundament wirksamer Führung
Vertrauen ist nicht weich. Es ist tragend. Es ist nicht naiv. Es ist kraftvoll. Und vor allem: Es ist lernbar. Wer sich als Führungskraft aufmacht, Vertrauen nicht nur zu erwarten, sondern zu schenken, wird erleben, dass Teams über sich hinauswachsen.
Die Frage ist nicht: Kann ich vertrauen? Sondern: Was braucht es, damit Vertrauen entstehen kann? In dir. Im Team. Im Alltag. Und was kannst du heute tun, um diese Grundlage zu stärken?
Denn Vertrauen ist keine Laune. Es ist eine Entscheidung. Jeden Tag neu.
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