Bonussysteme: Motivationstreiber oder Hindernisse für gute Entscheidungen?

Juli 30, 2024

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Verhindern Bonussysteme gute Entscheidungen? Eine kritische Analyse

Sind Bonussysteme wirklich die Motivationswunder, für die sie gehalten werden? Oder hindern sie uns sogar daran, die besten Entscheidungen für unser Unternehmen zu treffen? Diese Frage wird in vielen Unternehmen hitzig diskutiert. Doch was, wenn genau diese Systeme mehr Schaden als Nutzen anrichten?

Im Folgenden möchte ich daher einen kritischen Blick auf das Konzept der Bonussysteme werfen. Bevor wir jedoch ihren Einfluss auf Entscheidungen und die potentiellen negativen Auswirkungen erörtern, lass uns zunächst die Rolle und Ziele von Boni in Unternehmen definieren.

Bonussysteme: Definition und Ziele

Bonussysteme sind finanzielle Anreizsysteme, die darauf abzielen, die Leistung der Mitarbeitenden zu steigern. Sie belohnen das Erreichen bestimmter Ziele oder Leistungskennzahlen (KPIs). Diese Systeme reichen von einmaligen Prämien für Verkaufsziele bis hin zu jährlichen Boni, die an die Gesamtleistung des Unternehmens gekoppelt sind. Ihr Hauptziel ist es, die Motivation und Arbeitsleistung der Mitarbeitenden zu erhöhen, indem ihnen finanzielle Anreize für das Erreichen vordefinierter Ziele geboten werden.

Bonussysteme können zahlreiche Vorteile bieten: Sie fördern eine leistungsorientierte Kultur, schaffen klare Erwartungen und motivieren Mitarbeitende dazu, sich stärker mit den Unternehmenszielen zu identifizieren. Dennoch gibt es auch signifikante Risiken, die oft übersehen werden. In diesem Artikel betrachten wir die Schattenseiten von Bonussystemen und untersuchen, wie sie möglicherweise suboptimale Entscheidungen und eine negative Unternehmenskultur begünstigen können.

Die Schattenseiten von Bonussystemen

Trotz ihrer weit verbreiteten Anwendung und vermeintlichen Logik können Bonussysteme unerwünschte Effekte haben. Studien und Expertenmeinungen zeigen, dass solche Systeme oft zu kurzfristigem Denken und einer Vernachlässigung langfristiger Ziele führen. Mitarbeitende könnten sich auf schnelle Erfolge konzentrieren, um sofortige Belohnungen zu erzielen, anstatt langfristig vorteilhafte Entscheidungen zu treffen.

Ein weiteres Problem ist die Frage der Fairness. Wenn Bonussysteme undurchsichtig oder ungerecht erscheinen, kann das Misstrauen und Unzufriedenheit unter den Mitarbeitenden hervorrufen. Die Wahrnehmung, dass Boni ungleich verteilt werden oder dass bestimmte Personen bevorzugt behandelt werden, kann das Arbeitsklima und die Teamarbeit erheblich beeinträchtigen.

Außerdem kann der ständige Fokus auf externe Belohnungen die intrinsische Motivation untergraben. Wenn der Fokus ständig auf externen Belohnungen liegt, kann dies die Freude an der Arbeit und das Gefühl der Sinnhaftigkeit verdrängen. Dies führt zu einer Abnahme der Arbeitszufriedenheit und des Engagements.

Um die Kritikpunkte besser zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick auf die Spieltheorie zu werfen.

Spieltheorie: Warum Bonussysteme zu unerwünschten Ergebnissen führen können

Die Spieltheorie ist ein Bereich der Mathematik und Ökonomie, der untersucht, wie Menschen Entscheidungen treffen, wenn sie von den Entscheidungen anderer abhängig sind.

Das Gefangenendilemma

Das Gefangenendilemma zeigt, wie individuelle Anreize dazu führen können, dass Menschen Entscheidungen treffen, die für die Gruppe als Ganzes suboptimal sind. Stellen wir uns zwei Mitarbeitende vor, die an einem Projekt arbeiten. Beide haben die Wahl, entweder zusammenzuarbeiten oder individuell zu agieren, um einen Bonus zu erhalten.

Beispiel:

– Wenn beide zusammenarbeiten, können sie ein großartiges Ergebnis erzielen, das dem Unternehmen erheblichen Nutzen bringt, und beide erhalten einen moderaten Bonus.

– Wenn beide individuell agieren, könnten sie jeweils einen höheren Bonus erzielen, aber das Gesamtergebnis für das Unternehmen ist schlechter.

Individuelle Anreize könnten dazu führen, dass beide Mitarbeitenden sich für das individuelle Agieren entscheiden, da sie den höheren Bonus anstreben. Das Ergebnis ist suboptimal, da das Projekt nicht das volle Potenzial erreicht. Übertragen auf Bonussysteme bedeutet das, dass die Mitarbeitenden ihre individuellen Ziele maximieren, auch wenn dies dem Gesamterfolg des Teams oder des Unternehmens schadet.

Das Prinzip der Nullsummenspiele

Ein weiteres Konzept der Spieltheorie ist das Prinzip der Nullsummenspiele. In einem Nullsummenspiel führt der Gewinn des einen zwangsläufig zum Verlust des anderen. Wenn Bonussysteme so gestaltet sind, dass nur eine begrenzte Anzahl von Boni verfügbar ist, befinden sich die Mitarbeitenden in einem solchen Nullsummenspiel.

Beispiel:

– Ein Unternehmen legt fest, dass nur die Top-10-Verkäufer einen Bonus erhalten. Jeder Verkäufer weiß, dass er gegen seine Kollegen antritt, um unter die Top-10 zu kommen.

– Dies führt dazu, dass Verkäufer sich weigern, Informationen oder Kundenkontakte zu teilen, aus Angst, ihre Konkurrenten zu stärken.

Das Ergebnis ist eine Kultur der Konkurrenz und des Misstrauens, bei der der Gewinn eines Mitarbeitenden auf Kosten eines anderen geht. Diese Konkurrenz verhindert eine effektive Zusammenarbeit und kann langfristig die Unternehmenskultur schädigen.

Die Tragödie des Allgemeinguts

Ein weiteres Problem, das die Spieltheorie beleuchtet, ist die „Tragedy of the Commons“ – die Tragödie des Allgemeinguts. Dieses Konzept beschreibt eine Situation, in der Individuen, die gemeinsame Ressourcen nutzen, ihre eigenen Interessen über das Gemeinwohl stellen, was letztendlich zur Erschöpfung der Ressourcen führt.

Beispiel: Mitarbeitende könnten kurzfristige Gewinne maximieren, indem sie Ressourcen verschwenden oder riskante Entscheidungen treffen, um ihre Boni zu sichern, ohne die langfristigen Konsequenzen zu berücksichtigen.

Ein bekanntes Beispiel dafür sind auch die Ereignisse, die zur Finanzkrise 2008 führten. Viele Finanzinstitute hatten Bonussysteme, die kurzfristige Gewinne belohnten. Führungskräfte und Mitarbeitende wurden dafür belohnt, hohe Renditen zu erzielen, ohne die langfristigen Risiken zu berücksichtigen. Dies führte zu einer Kultur, in der riskante und letztlich schädliche Entscheidungen getroffen wurden, was letztendlich in der globalen Finanzkrise mündete.

Die Spieltheorie zeigt uns deutlich, dass individuelle Anreize in Bonussystemen oft zu Entscheidungen führen, die dem Gesamterfolg des Unternehmens schaden. Mitarbeitende konzentrieren sich eher darauf, ihre eigenen Ziele zu erreichen, anstatt das Beste für das Unternehmen als Ganzes zu tun.

Die Auswirkung auf die Unternehmenskultur und Entscheidungen

Bonussysteme beeinflussen die Unternehmenskultur erheblich, leider nicht immer zum Besseren. Eine gesunde Unternehmenskultur basiert auf Zusammenarbeit, Vertrauen und einem gemeinsamen Ziel. Wenn jedoch individuelle Boni im Vordergrund stehen, kann dies zu einer Kultur der Konkurrenz und des Misstrauens führen. Mitarbeitende, die ursprünglich aus Freude an ihrer Arbeit und Überzeugung gearbeitet haben, könnten anfangen, ihre Arbeit nur noch wegen der Boni zu erledigen.

Stell dir vor, du arbeitest in einem Team, in dem jeder Einzelne für seine eigene Leistung belohnt wird. Dies kann die Motivation zur Zusammenarbeit und zum Wissensaustausch erheblich verringern. Der Fokus liegt dann auf den persönlichen Erfolgen statt auf dem gemeinsamen Erfolg des Teams, was das Arbeitsklima negativ beeinflussen und die Gesamtleistung beeinträchtigen kann.

Beispiel aus der Praxis:

In einem großen Technologieunternehmen wurde ein Bonussystem eingeführt, bei dem Mitarbeitende für das Erreichen individueller Ziele belohnt wurden. Schnell zeigte sich, dass Mitarbeitende weniger bereit waren, Wissen und Ressourcen zu teilen. Die Innovationskraft des Unternehmens litt, da der Austausch von Ideen und die Zusammenarbeit zurückgingen. Anstatt gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, konzentrierten sich die Mitarbeitenden auf ihren eigenen Erfolg.

Zusätzlich können Bonussysteme dazu führen, dass Mitarbeitende riskantere Entscheidungen treffen, um ihre Ziele zu erreichen. Der Druck, einen Bonus zu erhalten, kann dazu verleiten, ethische Bedenken oder langfristige Konsequenzen zu ignorieren. Dies gefährdet nicht nur die Unternehmenskultur, sondern auch den Ruf und die Integrität des Unternehmens.

Umgekehrt können Boni auch langfristigen Entscheidungen im Wege stehen. Langfristige Investitionen in Forschung und Entwicklung, Mitarbeiterbildung und nachhaltige Geschäftsstrategien sind entscheidend für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Wenn Bonussysteme jedoch kurzfristige Erfolge belohnen, werden diese wichtigen langfristigen Investitionen oft vernachlässigt. Führungskräfte könnten zögern, in Projekte zu investieren, die erst in einigen Jahren Früchte tragen, weil sie den Druck spüren, kurzfristige Ergebnisse zu liefern, um ihre eigenen Boni zu sichern.

Wie können wir also sicherstellen, dass wir bessere Entscheidungen treffen und gleichzeitig die Motivation der Mitarbeitenden aufrechterhalten?

Empfehlungen für bessere Entscheidungen und nachhaltige Mitarbeitermotivation

Um eine positive Unternehmenskultur zu fördern, sollten Anreize geschaffen werden, die Zusammenarbeit und Teamgeist unterstützen. Anstatt individuelle Leistungen zu belohnen, könnten folgende Ansätze hilfreich sein:

1. Alternative Belohnungssysteme entwickeln:

Überlege, Mitarbeiteraktienprogramme oder Gewinnbeteiligungen einzuführen, die an den langfristigen Erfolg des Unternehmens gekoppelt sind. Sie ermutigen Mitarbeitende, den langfristigen Erfolg des Unternehmens im Blick zu behalten und fördern nachhaltiges Denken und Handeln.

2. Teamleistungen in den Vordergrund stellen:

Setze Anreize für Teamarbeit und kollektive Erfolge, um den Teamgeist zu stärken und eine Kultur der gemeinsamen Verantwortung zu fördern. Dies trägt zu einer positiven Unternehmenskultur bei, in der Zusammenarbeit und gemeinsamer Erfolg an erster Stelle stehen.

3. Fairness und Transparenz fördern:

Sorge für klare und nachvollziehbare Kriterien bei der Vergabe von Boni. Eine transparente und gerechte Verteilung der Belohnungen verbessert das Arbeitsklima und vermeidet Misstrauen.

4. Langfristige Investitionen und Innovationen belohnen:

Setze Anreize für langfristige Beiträge und innovative Ideen, die das Unternehmen voranbringen. Belohne nicht nur kurzfristige Erfolge, sondern auch nachhaltige Investitionen und kreative Lösungen, die zum langfristigen Wachstum des Unternehmens beitragen.

Durch die Umsetzung dieser Empfehlungen kannst du eine Unternehmenskultur schaffen, die auf Zusammenarbeit, Fairness und langfristigem Erfolg basiert. Dies wird nicht nur die Qualität der Entscheidungen verbessern, sondern auch die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden steigern.

Abschließend lade ich dich ein, diesen Artikel als Anstoß zu nutzen, um darüber nachzudenken, wie du in deinem Unternehmen eine positive und nachhaltige Kultur etablieren kannst. Berücksichtige dabei sowohl kurzfristige als auch langfristige Erfolge. Effektive Entscheidungen treffen wir nur, wenn wir das große Ganze im Blick behalten und eine langfristige Perspektive einnehmen.

Christian Koudela

Entscheidungsnavigator, Autor, Berater & Trainer

Ich will echte Veränderungen ermöglichen und Unternehmen zu einem Ort machen, an dem Wertschätzung für die Leistungen und Kompetenzen aller Beteiligten zum Alltag gehört. An dem die Arbeit Freude und Sinn stiftet – ein arbeitswerter Ort ist. Und nicht nur ein Rettungsanker sein, mit dem du dich immer wieder von einer herausfordernden Entscheidung zur nächsten hangelst.

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