Shownotes
📖 Buch “Neue Wege der Führung”
🎧 Podcast “Entscheidungsnavigator”
🎬 Entscheidungsnavigator auf Youtube
So meisterst Du den Jahreswechsel
Wie Du den Jahresabschluss und ‑start als Führungskraft bewusst gestaltest und Dein Team dabei stärkst
Der Spagat zwischen zwei Jahren
Es ist Ende November. Die Adventszeit klopft an die Tür, auf dem Weihnachtsmarkt duftet es nach Glühwein, und auf Deinem Schreibtisch stapeln sich Reports, Budgets und Projektlisten. Gleichzeitig wirst Du schon gefragt: “Wie sieht eigentlich Dein Plan fürs nächste Jahr aus?”
Kennst Du dieses Gefühl? Mit einem Fuß noch im alten Jahr zu stehen und mit dem anderen bereits im neuen? Es ist ein bisschen, als würdest Du beim Autofahren gleichzeitig in den Rückspiegel und durch die Windschutzscheibe schauen. Beides ist wichtig, aber zu lange nur in eine Richtung zu blicken, bringt Dich ins Schleudern.
Genau dieser Herausforderung widmen wir uns heute: Wie kannst Du als Führungskraft den Rückblick nutzen, um Deinem Team Energie und Anerkennung zu geben – und wie gestaltest Du den Ausblick so, dass er Orientierung bietet, ohne alles in Stein meißeln zu müssen?
Die Wahrheit ist: Viele Führungskräfte unterschätzen, wie kraftvoll ein ehrlicher Rückblick sein kann. Und sie überschätzen, wie viel Sicherheit detaillierte Pläne fürs nächste Jahr tatsächlich bieten.
Rückblick als Führungsinstrument: Mehr als nur Zahlen abhaken
Für viele klingt “Rückblick” nach trockener Pflichtübung: Jahresabschluss, Soll-Ist-Vergleich, KPIs abhaken. Doch ein wirkungsvoller Rückblick kann so viel mehr sein. Als Führungskraft hast Du hier ein starkes Instrument in der Hand, um Energie, Vertrauen und Lernfähigkeit im Team zu stärken.
Was passiert, wenn Du und Dein Team bewusst zurückschauen? Ihr macht sichtbar, was gelungen ist. Und gerade in Zeiten, die oft von Stress und Druck geprägt sind, ist es enorm wichtig, Erfolge ins Rampenlicht zu stellen:
- Das Projekt, das zwar nicht perfekt lief, aber rechtzeitig fertig wurde
- Der Kollege, der eingesprungen ist, als es eng wurde
- Die Kundin, die besonders zufrieden war
Ein ehrlicher Rückblick bedeutet aber auch, Fehler nicht zu verschweigen. Die entscheidende Haltung dabei: Fehler sind nicht zum Anklagen da, sondern zum Lernen. “Was können wir daraus mitnehmen?” statt “Wer war schuld?”
Nicht zu vergessen: Rückblicke sind nicht nur rational. Sie sind auch emotional. Wenn Menschen merken, dass ihre Arbeit gesehen und wertgeschätzt wird, ziehen sie Kraft für die nächsten Aufgaben. Und genau diese Energie brauchst Du, um den Übergang ins nächste Jahr zu schaffen.
Kurz gesagt:
Rückblick ist kein Pflichttermin fürs Reporting. Rückblick ist ein Führungsinstrument, um Vergangenheit zu würdigen und Zukunft vorzubereiten.
Ausblick gestalten – ohne Illusion von Kontrolle
Kaum ist der Rückblick abgeschlossen, klopft schon der Ausblick an die Tür. Und hier passiert oft ein grundlegender Denkfehler: Wir glauben, je detaillierter wir das nächste Jahr planen, desto sicherer wird es. Doch das ist eine Illusion.
Natürlich braucht es Ziele und eine grobe Richtung. Aber seien wir ehrlich: Wer hätte im Januar dieses Jahres all das vorhersehen können, was dann tatsächlich passiert ist? Märkte verändern sich, Kundenbedürfnisse wandeln sich, Teams entwickeln sich anders als gedacht.
Ein Ausblick ist deshalb keine Garantie. Er ist eine Orientierung.
Das bedeutet konkret:
- Formuliere Ziele klar – aber lass Luft für Anpassungen
- Definiere die Richtung, nicht jeden einzelnen Schritt
- Schaffe Raum für Flexibilität und neue Chancen
So vermeidest Du das Zwangskorsett eines zu detaillierten Masterplans. Denn ein zu enger Plan macht Dich blind für Chancen, die unterwegs auftauchen. Flexibilität ist heute genauso wichtig wie Klarheit.
Der Schlüssel liegt im Mindset: Ausblick heißt nicht, alles festzulegen. Ausblick heißt, Richtung zu geben. Dein Team will wissen, wofür es sich anstrengt – aber es muss auch die Freiheit haben, den Weg mitzugestalten.
Oder anders gesagt: Planung ist wichtig – aber sie ist kein Schutzschild. Sie ist ein Kompass.
Der Spagat: Rückblick und Ausblick verbinden
Die eigentliche Führungsaufgabe ist, Rückblick und Ausblick zu verbinden. Viele konzentrieren sich entweder auf das eine – oder das andere. Aber wirksam wird es erst, wenn Du beides zusammendenkst.
Was passiert, wenn Du nur zurückschaust? Dein Team bleibt im Gestern hängen. Was passiert, wenn Du nur nach vorne blickst? Dein Team fühlt sich getrieben, ohne dass das Erreichte gewürdigt wird.
Der Spagat heißt:
Vergangenheit anerkennen, Zukunft gestalten.
Mach beides transparent: “Wir haben dieses Jahr drei große Projekte erfolgreich umgesetzt – und genau darauf bauen wir nächstes Jahr auf.” So entsteht Kontinuität.
Psychologisch ist das entscheidend: Menschen brauchen Anerkennung, um Motivation zu tanken. Und sie brauchen Perspektive, um Sinn zu sehen. Rückblick gibt Energie, Ausblick gibt Richtung.
Und hier kommt Deine Intuition ins Spiel. Es gibt keinen festen Zeitpunkt, wann der Rückblick abgeschlossen und der Ausblick gestartet werden sollte. Du musst spüren, was Dein Team gerade braucht. Manchmal noch mehr Anerkennung, manchmal schon den Blick nach vorn.
Der Spagat gelingt nicht durch perfekte Planung, sondern durch Balance. Und die entsteht, wenn Du Rückspiegel und Windschutzscheibe gleichzeitig im Blick hast – ohne Dich dabei zu verlieren.
5 Prinzipien für den gelungenen Jahreswechsel
Wie kannst Du als Führungskraft den Spagat zwischen Rückblick und Ausblick so gestalten, dass Dein Team gestärkt ins neue Jahr geht? Hier sind fünf konkrete Prinzipien mit praktischen Ideen, die Du direkt anwenden kannst:
1. Rückblicke lebendig machen – nicht nur Zahlen abhaken
Viele Jahresrückblicke folgen demselben Muster: Excel-Tabellen, KPIs, Soll-Ist-Vergleich. Das ist wichtig, aber es reicht nicht.
Ein Rückblick wird erst dann kraftvoll, wenn er lebendig wird.
Praxistipp: Frag Dein Team nach Geschichten und Highlights:
- “Was war für euch persönlich das Highlight des Jahres?”
- “Wo haben wir etwas geschafft, das wir uns anfangs nicht zugetraut haben?”
- “Welcher Moment hat euch besonders stolz gemacht?”
Mach sichtbar, was funktioniert hat – nicht nur, was schiefging. Ein Team, das seine Erfolge feiert, bekommt Motivation für die Zukunft. Und dieses Feiern muss nicht pompös sein – manchmal reicht ein bewusstes Innehalten, ein gemeinsamer Kaffee, ein aufrichtiges Danke im richtigen Moment.
2. Erfolge würdigen – und Lernen aus Fehlern ermöglichen
Ein guter Rückblick balanciert beides: Erfolge feiern und Fehler reflektieren.
Doch Vorsicht: Fehleranalyse darf nicht zur Schuldzuweisung werden. Die Haltung muss sein: Was lernen wir daraus?
Praxistipp: Verändere Deine Fragestellung. Statt zu fragen “Warum ist das Projekt gescheitert?”, frage: “Was würden wir beim nächsten Mal anders machen?”
So entsteht eine Lernkultur. Dein Team merkt: Hier geht es nicht darum, Schuldige zu finden, sondern um Entwicklung. Und auch Du als Führungskraft kannst ein Zeichen setzen, indem Du eigene Fehler benennst. Das schafft Vertrauen und signalisiert: Hier darf man ehrlich sein.
3. Ausblick in Bildern statt nur in Zahlen
Zahlen sind wichtig – aber sie motivieren selten wirklich. Menschen orientieren sich an Bildern und Geschichten.
Praxistipp: Wenn Du den Ausblick gestaltest, frage Dich: Welches Bild vom nächsten Jahr will ich vermitteln?
Zum Beispiel:
“2025 ist für uns das Jahr, in dem wir vom Reagieren ins Gestalten kommen.”
“Wir wollen als Team das Jahr so erleben, dass wir Ende Dezember sagen können: Wir haben wirklich einen Unterschied gemacht.”
Solche Bilder geben Orientierung, ohne jeden Schritt vorzuschreiben. Sie öffnen einen Raum, in dem sich Dein Team einbringen kann. Das Spannende: Ein Bild bleibt im Kopf – eine Zahl verschwindet im nächsten Reporting.
4. Flexibilität einplanen – statt Pläne zu überladen
Einer der größten Fehler im Ausblick ist, alles schon festzuzurren. Doch die Realität zeigt: Vieles verändert sich.
Praxistipp: Plane bewusst Puffer und Anpassungsschleifen ein.
Das kann konkret heißen:
- Statt Jahresziele bis ins Detail herunterzubrechen, definiere Quartalsziele
- Arbeite mit 90-Tage-Sprints – so bleibt Dein Team beweglich
- Plane feste Reflexionspunkte ein, an denen ihr die Strategie überprüft
Ein Unternehmen, das ich begleitet habe, hat genau das eingeführt. Anfangs war die Skepsis groß: “Ohne detaillierten Jahresplan fehlt uns doch die Orientierung.” Nach dem ersten Jahr sagten viele: “Es war anstrengender – aber wir waren viel näher an der Realität.”
Flexibilität ist nicht Chaos. Flexibilität ist Führung im Rhythmus der Realität.
5. Den Übergang gestalten – Rückblick und Ausblick verbinden
Das Entscheidende ist: Rückblick und Ausblick dürfen keine getrennten Welten sein. Die Kunst liegt darin, beides zu verbinden.
Praxistipp: Mache den Rückblick explizit zur Grundlage des Ausblicks.
Sage zum Beispiel:
“Wir haben dieses Jahr gelernt, dass wir als Team in Krisen handlungsfähig bleiben – und genau darauf bauen wir im nächsten Jahr auf.”
“Aus den Herausforderungen dieses Jahres nehmen wir drei konkrete Verbesserungen mit ins nächste Jahr.”
Mach die Verbindungslinie sichtbar: Was nehmen wir mit? Worauf verzichten wir bewusst? Was bauen wir aus? So entsteht nicht das Gefühl von Bruch, sondern von Kontinuität.
Und genau hier kommt Intuition ins Spiel. Denn es gibt keinen festen Fahrplan dafür, wie viel Rückblick und wie viel Ausblick Dein Team braucht. Das spürst Du. Manche Teams brauchen noch einmal Würdigung, bevor sie nach vorne schauen können. Andere sind innerlich schon einen Schritt weiter.
Deine Aufgabe ist, diesen Moment zu erkennen – und das richtige Gewicht zu setzen.
Fazit: Zwei Seiten einer Medaille
Rückblick und Ausblick sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten derselben Medaille.
Rückblick gibt Deinem Team Energie, weil es sich gesehen fühlt.
Ausblick gibt Deinem Team Richtung, weil es weiß, wohin es geht.
Und die Verbindung beider schafft Vertrauen, Sinn und Motivation.
Führung im Übergang bedeutet nicht, alles perfekt vorzubereiten. Es bedeutet, die richtigen Fragen zu stellen, Raum für Würdigung und Orientierung zu schaffen – und die Balance immer wieder neu auszutarieren.
Vielleicht nimmst Du heute vor allem eines mit: Rückblick und Ausblick sind keine Pflichtübungen im Kalenderjahr. Sie sind Führungsinstrumente, die Deinem Team Orientierung und Energie geben können, wenn Du sie bewusst gestaltest.
Und gerade beim Rückblick gibt es eine entscheidende Weichenstellung:
Willst Du nur Zahlen abhaken – oder willst Du echte Lernmomente schaffen?
Willst Du nur Erfolge feiern – oder auch die Fehler nutzen, um gemeinsam stärker zu werden?
Denn genau darin liegt eine große Führungsqualität: Fehler nicht als Makel zu betrachten, sondern als Rohstoff für Entwicklung. Wer das schafft, schafft eine Kultur, in der Menschen mutiger handeln – weil sie wissen, dass auch Irrtümer ihren Wert haben.
Ich wünsche Dir, dass Dein eigener Rückblick Mut macht – und Dein Ausblick Klarheit schenkt.
FAQ: Führen zwischen den Jahren
Wie viel Zeit sollte ich für den Jahresrückblick mit meinem Team einplanen?
Die optimale Dauer hängt von Teamgröße und Komplexität ab. Für kleinere Teams reichen oft 2–3 Stunden, größere Teams oder komplexere Projekte können einen ganzen Tag erfordern. Wichtig ist nicht die Länge, sondern die Qualität: Lieber ein fokussierter Halbtag mit echtem Austausch als ein ganzer Tag mit Präsentationsmarathon.
Wie gehe ich mit negativen Ergebnissen im Rückblick um?
Behandle negative Ergebnisse sachlich und lösungsorientiert. Statt “Wir haben das Ziel verfehlt” sage lieber “Wir haben 80% erreicht und wissen jetzt genau, was uns die letzten 20% gekostet hat.” Negative Ergebnisse sind wertvolle Lernchancen – wenn Du sie als solche rahmt und nicht als Versagen interpretierst.
Wie konkret sollten Ziele für das kommende Jahr sein?
Ziele sollten klar genug sein, um Orientierung zu geben, aber flexibel genug, um Anpassungen zu erlauben. Eine gute Balance: Definiere das “Was” präzise (z.B. “Marktanteil ausbauen”), aber lasse beim “Wie” Spielraum für Kreativität und Anpassung an veränderte Umstände.
Wie kann ich sicherstellen, dass die Erkenntnisse aus dem Rückblick nicht verloren gehen?
Dokumentiere die wichtigsten Erkenntnisse und Vereinbarungen schriftlich. Noch wichtiger: Baue regelmäßige Check-ins ins neue Jahr ein, bei denen ihr explizit auf diese Erkenntnisse zurückkommt. So wird aus einmaligem Rückblick kontinuierliches Lernen.
Was tun, wenn Team-Mitglieder unterschiedliche Wahrnehmungen vom vergangenen Jahr haben?
Unterschiedliche Perspektiven sind wertvoll! Schaffe einen Raum, in dem verschiedene Sichtweisen nebeneinander stehen dürfen. Frage nach konkreten Beispielen und suche nach den gemeinsamen Mustern hinter den unterschiedlichen Wahrnehmungen. So entsteht ein vollständigeres Bild der Realität.



