Warum ist Unsi­cher­heit beim Ent­schei­den nötig?

Mai 30, 2023

Show­no­tes

So triffst du siche­re Ent­schei­dun­gen in unsi­che­ren Zeiten

In einer schnell­le­bi­gen Welt voller unvor­her­seh­ba­rer Her­aus­for­de­run­gen ist Unsi­cher­heit unser stän­di­ger Beglei­ter. Viele Füh­rungs­kräf­te fürch­ten sich vor ihr und ver­su­chen, sie zu umge­hen. Doch gerade diese Unsi­cher­heit ist von unschätz­ba­rem Wert ist. Warum das so ist und wie du sie gezielt nutzen kannst, um bes­se­re Ent­schei­dun­gen zu tref­fen, erfährst du in diesem Arti­kel.

Bevor wir uns jedoch damit beschäf­ti­gen, wie Unsi­cher­heit als Chance genutzt werden kann, ist es hilf­reich, die Gründe zu ver­ste­hen, warum wir Unsi­cher­heit oft als bedroh­lich emp­fin­den oder ver­mei­den, und wie sie unsere Ent­schei­dungs­fin­dung beein­flusst.

Warum wir Unsi­cher­heit meiden

Viele Men­schen ver­su­chen, Unsi­cher­heit zu ver­mei­den, was tief in psy­cho­lo­gi­schen Mecha­nis­men und instink­ti­ven Reak­tio­nen ver­wur­zelt ist. Ein zen­tra­ler Mecha­nis­mus ist die Ver­lust­aver­si­on. Diese beschreibt unsere Nei­gung, mög­li­chen Ver­lus­ten mehr Gewicht bei­zu­mes­sen als poten­zi­el­len Gewin­nen. Dieser Instinkt stammt aus einer Zeit, als das Über­le­ben oft von der Ver­mei­dung unbe­kann­ter Risi­ken abhing und ist tief in uns ver­an­kert. Auch heute, in einer siche­re­ren Welt, beein­flusst dieser Instinkt unser Ver­hal­ten.

Zusätz­lich zur Ver­lust­aver­si­on beein­flusst uns auch der Flucht­me­cha­nis­mus. Dieser hat sich über Jahr­tau­sen­de ent­wi­ckelt, um unsere Vor­fah­ren vor unmit­tel­ba­ren phy­si­schen Gefah­ren zu schüt­zen. Bei der Kon­fron­ta­ti­on mit unbe­kann­ten oder poten­zi­ell gefähr­li­chen Situa­tio­nen (z. B. einem unbe­kann­ten Geräusch im Busch) reagier­te der Körper mit schnel­len Ent­schei­dun­gen, um ent­we­der zu kämp­fen oder zu flie­hen.

In der heu­ti­gen Welt sind die phy­si­schen Gefah­ren zwar weni­ger unmit­tel­bar, aber der Flucht­me­cha­nis­mus ist immer noch aktiv. Wenn wir mit unsi­che­ren oder unbe­kann­ten Situa­tio­nen kon­fron­tiert werden, werden oft ähn­li­che Reak­tio­nen aus­ge­löst: Angst, Stress und das Bedürf­nis, sich aus der unsi­che­ren Situa­ti­on zurück­zu­zie­hen oder diese zu ver­mei­den.

Wäh­rend diese Reak­tio­nen in der prä­his­to­ri­schen Umge­bung über­le­bens­wich­tig waren, können sie in der moder­nen Welt unsere Fle­xi­bi­li­tät und Inno­va­ti­ons­kraft ein­schrän­ken. Um den nega­ti­ven Gefüh­len zu ent­kom­men, neigen wir dazu, siche­re und ver­trau­te Ent­schei­dun­gen zu tref­fen, die uns das Gefühl von Kon­trol­le und Sta­bi­li­tät geben. Wir meiden unsi­che­res Ter­rain meiden und bevor­zu­gen den Status quo.

Das Ver­ständ­nis dieses Mecha­nis­mus kann uns helfen, Stra­te­gien zu ent­wi­ckeln, um besser mit Unsi­cher­heit umzu­ge­hen und die Chan­cen zu nutzen, die sie bietet.

Ein Gedan­ken­ex­pe­ri­ment von Frank Knight

Ich habe in meinem Bücher­re­gal nach Ant­wor­ten und Inspi­ra­ti­on zu der Frage gesucht, warum Unsi­cher­heit beim Ent­schei­dend nötig ist und bin dabei auf ein über 100 Jahre altes Buch gesto­ßen, das erstaun­lich rele­vant für die heu­ti­ge Zeit ist: „Risk, Uncer­tain­ty, and Profit“ von Frank Knight. Dieses Buch bietet eine klare Unter­schei­dung zwi­schen Risiko, Unsi­cher­heit und Unge­wiss­heit – Kon­zep­te, die oft durch­ein­an­der­ge­bracht werden und die ich des­we­gen hier kurz auf­grei­fen möchte.

Frank Knight illus­triert seine Ideen durch ein ein­fa­ches, aber wir­kungs­vol­les Gedan­ken­ex­pe­ri­ment mit drei Urnen oder Gefä­ßen:

  1. Die erste Urne – Risiko: Hier ent­hält die Urne rote und blaue Bälle, wobei die Ver­tei­lung der Bälle bekannt ist (20% rot, 80% blau). Dies ent­spricht dem Risiko, weil die Wahr­schein­lich­kei­ten und damit die Risi­ko­kal­ku­la­ti­on klar sind. Die Angabe, dass jeder rote Ball 50 Euro wert ist und das Hin­ein­grei­fen 9 Euro kostet, ist kor­rekt. Das Risiko kann hier kal­ku­liert werden, da die Wahr­schein­lich­kei­ten und die Höhe des Gewinns bekannt sind.
  1. Die zweite Urne – Unsi­cher­heit: Diese Urne ent­hält Bälle, aber das Mischungs­ver­hält­nis ist unbe­kannt. Man kann nur Annah­men tref­fen und durch Ver­su­che das Ver­hält­nis schät­zen. Dies reprä­sen­tiert Unsi­cher­heit, weil die Wahr­schein­lich­kei­ten unklar sind und man nur auf der Basis von Annah­men han­deln muss.
  1. Die dritte Urne – Unge­wiss­heit: Diese Urne ist die extrems­te Form der Unvor­her­seh­bar­keit. Der Inhalt ist völlig unbe­kannt, es könnte alles Mög­li­che sein, was die Unge­wiss­heit maxi­miert. Diese Form der Unge­wiss­heit macht es nahezu unmög­lich, vor­her­zu­sa­gen, was beim Hin­ein­grei­fen her­aus­kommt.

Unsi­cher­heit liegt also genau zwi­schen Risiko und Unge­wiss­heit. Sie beschreibt den Zustand, in dem wir nur teil­wei­se wissen, was uns erwar­tet. Wäh­rend das Risiko bere­chen­bar und Unge­wiss­heit völlig unvor­her­seh­bar ist, befin­det sich Unsi­cher­heit in einem Bereich, in dem wir Ent­schei­dun­gen tref­fen müssen, obwohl nicht alle Infor­ma­tio­nen vor­lie­gen.

Doch was bedeu­tet das kon­kret für uns im Alltag? Wie können wir Unsi­cher­heit gezielt nutzen, um bes­se­re Ent­schei­dun­gen zu tref­fen? Hier kommen wir zum span­nen­den Teil: Unsi­cher­heit ist nicht nur eine Her­aus­for­de­rung, son­dern auch eine wert­vol­le Chance – und eigent­lich sogar eine Not­wen­dig­keit.

Unsi­cher­heit als Chance und Not­wen­dig­keit

Stell dir eine Welt vor, in der alles fest­ge­legt und bere­chen­bar ist. Ohne Unsi­cher­heit gäbe es keine Not­wen­dig­keit für Ent­schei­dun­gen, da der Aus­gang ohne­hin fest­stün­de. Unsi­cher­heit ist jedoch der Treib­stoff, der uns zwingt, Ent­schei­dun­gen zu tref­fen und neue Mög­lich­kei­ten zu erkun­den.

Der wahre Schlüs­sel zur erfolg­rei­chen Bewäl­ti­gung von Unsi­cher­heit liegt darin, sie nicht als Bedro­hung, son­dern als Chance zu betrach­ten. Hier sind einige Impul­se, wie du Unsi­cher­heit als wert­vol­les Werk­zeug nutzen kannst:

  1. Erken­ne Unsi­cher­heit als Chance: Nutze die Frei­heit, die Unsi­cher­heit dir bietet, um krea­ti­ve Wege zu gehen und die Zukunft aktiv zu gestal­ten. Sie eröff­net dir die Mög­lich­keit, Neues aus­zu­pro­bie­ren und inno­va­ti­ve Lösun­gen zu ent­wi­ckeln.
  1. Ver­traue deinem Urteils­ver­mö­gen: Auch wenn die Zukunft nicht voll­stän­dig vor­her­seh­bar ist, ver­traue darauf, dass du und dein Team die Fähig­kei­ten haben, fun­dier­te Ent­schei­dun­gen zu tref­fen. Akzep­tie­re, dass Unsi­cher­heit ein natür­li­cher Teil des Ent­schei­dungs­pro­zes­ses ist.
  1. Nutze Team­ent­schei­dun­gen: In unsi­che­ren Zeiten ist die Ein­be­zie­hung unter­schied­li­cher Per­spek­ti­ven und Exper­ti­sen beson­ders wert­voll. Diver­si­tät im Team kann dazu bei­tra­gen, aus­ge­wo­ge­ne und durch­dach­te Ent­schei­dun­gen zu tref­fen.
  1. Schaf­fe einen siche­ren Rahmen: Sorge dafür, dass dein Team in einem unter­stüt­zen­den und offe­nen Umfeld arbei­ten kann. Ein angst­frei­er Raum för­dert krea­ti­ves Denken und ermög­licht eine effek­ti­ve Ent­schei­dungs­fin­dung.

Fazit

Unsi­cher­heit ist ein unver­meid­li­cher Teil des Ent­schei­dungs­pro­zes­ses und kann eine wert­vol­le Gele­gen­heit sein. Anstatt uns von ihr ein­schüch­tern zu lassen, soll­ten wir lernen, Unsi­cher­heit als Chance zu sehen, die uns die Frei­heit gibt, zu gestal­ten und zu inno­vie­ren. Ein bekann­tes Sprich­wort besagt: „Es ist besser, unvoll­kom­me­ne Ent­schei­dun­gen zu tref­fen, als auf per­fek­te Ent­schei­dun­gen zu warten, die es nie­mals geben wird.“ In diesem Sinne: Akzep­tie­re die Unsi­cher­heit und nutze sie als Kata­ly­sa­tor, um deine Zukunft aktiv und krea­tiv zu gestal­ten.

Christian Koudela

Entscheidungsnavigator, Autor, Berater & Trainer

Ich will echte Veränderungen ermöglichen und Unternehmen zu einem Ort machen, an dem Wertschätzung für die Leistungen und Kompetenzen aller Beteiligten zum Alltag gehört. An dem die Arbeit Freude und Sinn stiftet – ein arbeitswerter Ort ist. Und nicht nur ein Rettungsanker sein, mit dem du dich immer wieder von einer herausfordernden Entscheidung zur nächsten hangelst.

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