Das Cynefin Framework

Mai 17, 2023

Was ist das Cynefin-Framework?

Das Cynefin-Framework und seine Methoden dienen dem Umgang mit den Herausforderungen der heutigen Welt. Das Framework ergänzt traditionelle Ansätze und bietet einen umfassenderen Ansatz, der die Bedürfnisse des Managements in einer zunehmend unsicheren Welt widerspiegelt.

Das Idee zum Cynefin Framework geht auf Dave Snowden zurück mit der Idee der Komplexität einen Sinn zu geben.

 Grenzen der Rationalität

Wenn wir vor einer Entscheidung stehen, gehen wir davon aus, dass wir nur die Möglichkeiten entwickeln, eine davon auswählen und dann ausführen müssen. Dies setzt voraus, dass die Zusammenhänge bestimmbar ist und dass wir ein gültiges Mittel haben, um Optionen auszuschließen. Mit Zusammenhängen ist gemeint, dass wir Ursache und Wirkung in Beziehung setzen können: Wenn wir eine bestimmte Handlung ausführen, wissen wir, was die Reaktion sein wird – oder wenn eine Wirkung eintritt, können wir feststellen, was sie verursacht hat.

Dies ist jedoch nicht immer der Fall, und wir müssen anerkennen, dass es Systeme gibt, in denen wir Ursache und Wirkung bestimmen können, und solche, in denen dies nicht möglich ist. Wir nennen erstere geordnete Systeme und letztere ungeordnete Systeme.

In einem geordneten System gibt es mehr oder weniger starke Zwänge, das Verhalten ist weitgehend vorhersagbar und die Kausalität ist entweder aus der Erfahrung klar und offensichtlich oder kann durch Analyse bestimmt werden. Wenn die Ursache klar ist, haben wir ein einfaches System. Wenn die Ursache nicht offensichtlich ist, aber durch Analyse bestimmt werden kann, sprechen wir von einem komplizierten System, da die Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung (oder die Bestimmung der Ursache) entwickelt werden können.

Für ein ungeordnetes System können wir jedoch keine Kausalität bestimmen. Wir stellen jedoch fest, dass einige dieser Systeme stabil sind und dass sich das Verhalten im Laufe der Zeit durch die Interaktion der Komponenten entwickeln. Sie haben eine natürliche Tendenz, sich in eine bestimmte Richtung zu bewegen oder zu entwickeln, aber die Kausalität kann nur im Nachhinein bestimmt werden, und keine noch so gründliche Analyse wird es uns ermöglichen, das Verhalten des Systems vorherzusagen. Diesen Bereich bezeichnen wir als komplex.

Es gibt aber auch Systeme, die nicht stabil sind und die wir nur als chaotisch bezeichnen können: Es gibt wenig oder gar keine Beschränkungen und das Verhalten ist bzw. wirkt zufällig.

 Es gibt einen weiteren Bereich, der berücksichtigt werden muss: Jene Systeme, die wir noch nicht untersucht haben: Wir wissen noch nicht, wie diese Systeme funktionieren und kennzeichnen diese als „unbestimmt“.

Darüber hinaus müssen wir auch anerkennen, dass Systeme nicht immer stabil sind und sich der Zustand des Systems im Laufe der Zeit ändern kann. Ein System kann stabil und vorhersehbar sein, aber seine Leistung kann mit der Zeit nachlassen oder es kann einfach zusammenbrechen.

 

Das Cynefin-Framework

Diese Bereiche des Klaren, Komplizierten, Komplexen und Chaotischen sowie des Unbestimmten sind die Bereiche des Cynefin-Frameworks. Cynefin ist das walisische Wort für Heimat oder Lebensraum. Im Grunde geht es darum, wo Probleme und Herausforderungen und die dazugehörigen Lösungen ihre Herkunft haben.

Das Framework ermöglicht es uns, die Realität zu beschreiben und gibt uns Techniken und Verfahren an die Hand, die für das Management in komplizierten und komplexen Bereichen angewendet werden können. Diese Methoden ergänzen die traditionellen Ansätze, die dort anwendbar sind, wo Ordnung herrscht. Das bedeutet nicht, dass die alten Methoden nicht mehr funktionieren, aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass sie nur innerhalb bestimmter Grenzen funktionieren und dass sie nicht angewendet werden können, wenn wir nicht in einer Umgebung leben, in der Ordnung herrscht.

Das Cynefin-Framework mit den 4 Domainen

Klarer Kontext (known knowns)

In einem klaren Kontext sind Ursache und Wirkung vorhersehbar und jedem in der Organisation klar. Diese Kategorie ähnelt dem Fahrradfahren im Sinne eines Reiz-Reaktionsmusters, das wir alle kennen. Wenn wir in die Pedale treten, dreht sich das Hinterrad aufgrund der Kette. Es ist, wie man umgangssprachlich sagen würde, „alles klar und selbstverständlich“.

Hier wissen wir, was wir tun und haben es schon tausendmal getan. Wir nehmen wahr, kategorisieren und reagieren (Sense – Categorise – React). Wir erwarten, dass bewährte Methoden / Best Practices angewendet werden.

Es gibt Abläufe und vorgegebene Regeln, (Standard-) Prozesse und Best Practices. Das heißt, Entscheidungen können aufgrund von Erfahrung oder Instinkt schnell getroffen werden.

 

Komplizierter Kontext (known unknowns)

Auch in einem komplizierten Kontext gibt es eine definierbare Ursache-Wirkungs-Beziehung. Die Situation ist allerdings auf den ersten Blick nicht sofort oder nur von mehreren Personen erfassbar und erfordert eine gründliche Analyse. Sehen wir uns als Beispiel ein modernes Flugzeug an. Wir wissen, dass es eine Lösung, gibt, kennen diese aber (noch) nicht. Dieser Bereich erfordert einen oder mehrere Expert:innen, um die beste Vorgehensweise zu entwickeln

Wir wissen nicht, was passiert, aber wir wissen, dass wir analysieren können, was passiert ist und was zu tun ist. Wir können wahrnehmen, analysieren und reagieren (Sense – Analyse – React).

Wir haben vielleicht noch nicht die eine richtige Lösung parat, aber wir können uns an Blaupausen, an Abläufen und an Erfahrungen aus der Vergangenheit orientieren, die wir entsprechend adaptieren

Bei Entscheidungen können wir aufgrund der Analyse die beste Optionen berechnen bzw. ableiten. Die beste Entscheidung orientiert sich dabei an der bestmöglichen Kosten-Nutzen-Relation.

 

Komplexer Kontext (unknown unknowns)

Komplexe Probleme zeichnen sich dadurch aus, dass Ursache und Wirkung erst im Nachhinein erkennbar sind. Es gibt verschiedene Lösungsmöglichkeiten, von denen alle, einige oder keine erfolgreich sein können. Genaue Vorhersagen sind nicht allerdings mehr möglich. Es handelt sich um „lebendige Systeme“, wie eben Tiere oder Menschen, deren Verhalten nicht eindeutig vorbestimmt werden kann

Wir können nicht ermitteln, was ein bestimmtes Ergebnis verursacht, aber wir können Experimente durchführen, um zu sehen, ob sie uns in die richtige Richtung führen.

Wir testen, fühlen und reagieren. (im Englischen Probe – Sense – Respond).

Dies ist auch der Bereich, in dem wir mit multiplen Hypothesen arbeiten: Es gibt kein eindeutiges Richtig oder Falsch, wir können eine Reihe von Experimenten durchführen oder gleichzeitig laufen lassen. Dies ist die Domäne der emergenten Praktiken, die sich aus den Experimenten entwickeln.

Mit anderen Worten, es werden keine großen Entscheidungen getroffen. Es geht darum, sich in kleinen Schritten einer gültigen Lösung zu nähern. Das gibt den Entscheider:innen die Freiheit, immer dann zu reagieren, wenn das Risiko zu groß wird. Sollte dies der Fall sein, kann eine andere Richtung eingeschlagen werden, um das Risiko zu minimieren.

Chaotischer Kontext (unknowable unknowns)

Niemand weiß vorher, was passieren wird, und niemand weiß, was jetzt das Richtige ist. Es gibt kaum Zeit für Beratungen, oft sind instinktive und schnelle Reaktionen gefragt, bei denen die Lösung der Notsituation und die Beseitigung der anfänglichen Panik im Vordergrund stehen. Es ist wie beim Löschen eines Feuers – wenn wir davon überrascht werden, ist beherztes Handeln besser als alle Versuche und Analysen.

Hier ist das System nicht stabil, aber es muss etwas getan werden, weil man nicht warten kann. Ein kritischer Zeitfaktor kann der Grund dafür sein, dass wir nicht in der Lage sind, die Situation zu überblicken. Wir müssen also sofort handeln (etwas tun), wahrnehmen und reagieren (engl. Act – Sense – Respond). Dies ist der Bereich, in dem oftmals durch das sofortige Handeln neue Praktiken entstehen zum Einsatz kommen.

 Fazit

Mit dem Wissen dieser vier unterschiedlichen Situation, können Entscheider:innen den passenden Zugang, das passenden Entscheidungsprozedere auswählen. Der früher übliche Ansatz einer gründlichen Analyse einer Situation, um zur besten Entscheidung zu gelangen, ist in ungeordneten Systemen nicht passend. Und in einer dynamischen Welt, mit laufenden Änderung des Kontexts oder Informationen ist es wichtig und notwendig, die alten Entscheidungsmuster zu verlassen und neue Zugänge zu etablieren

Christian Koudela

Entscheidungsnavigator, Autor, Berater & Trainer

Ich will echte Veränderungen ermöglichen und Unternehmen zu einem Ort machen, an dem Wertschätzung für die Leistungen und Kompetenzen aller Beteiligten zum Alltag gehört. An dem die Arbeit Freude und Sinn stiftet – ein arbeitswerter Ort ist. Und nicht nur ein Rettungsanker sein, mit dem du dich immer wieder von einer herausfordernden Entscheidung zur nächsten hangelst.

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