Warum wir ohne Emo­tio­nen nicht ent­schei­den können

Mai 18, 2023

Show­no­tes

Emo­tio­nen als Erfolgs­fak­tor: Mit diesem Wissen triffst du bes­se­re Ent­schei­dun­gen

Heute werfen wir einen Blick auf die fas­zi­nie­ren­de Rolle von Emo­tio­nen in Ent­schei­dungs­pro­zes­sen und deren über­ra­schen­den Ein­fluss auf unsere Ent­schei­dun­gen.

In der Welt der ratio­na­len Ana­ly­se und stra­te­gi­schen Pla­nung werden Emo­tio­nen oft als stö­rend oder neben­säch­lich betrach­tet. Doch ent­ge­gen dieser Ansicht zeigen neu­es­te Erkennt­nis­se aus der Neu­ro­wis­sen­schaft, dass Emo­tio­nen weit mehr sind als nur flüch­ti­ge Stim­mun­gen oder per­sön­li­che Vor­lie­ben. Sie sind ein ent­schei­den­der Faktor, der unsere Fähig­keit beein­flusst, fun­dier­te Ent­schei­dun­gen zu tref­fen. Ohne emo­tio­na­le Reak­tio­nen wären selbst all­täg­li­che Ent­schei­dun­gen eine Her­aus­for­de­rung – ganz zu schwei­gen von kom­ple­xen stra­te­gi­schen Über­le­gun­gen im Berufs­le­ben.

Warum Emo­tio­nen so unver­zicht­bar für unsere Ent­schei­dungs­fin­dung sind und wie du dieses Wissen für dich nutzen kannst, erfährst du in diesem Arti­kel. Lassen wir uns gemein­sam von einem fas­zi­nie­ren­den Fall­bei­spiel aus der Neu­ro­wis­sen­schaft inspi­rie­ren: der Geschich­te von Elliot und den bahn­bre­chen­den Erkennt­nis­sen von Neu­ro­wis­sen­schaft­ler Anto­nio Dama­sio.

Die Geschich­te von Elliot: Wenn Emo­tio­nen fehlen

In der fol­gen­den Geschich­te geht es um einen Mann, dem ich den fik­ti­ven Namen Elliot gebe. Elliot war ein enga­gier­ter Ehe­mann und Vater, erfolg­reich in seinem Beruf als Wirt­schafts­ma­na­ger und ein Vor­bild für seine jün­ge­ren Geschwis­ter und Kol­le­gen.

Nach der Dia­gno­se eines Gehirn­tu­mors wurde Elliot ope­riert. Der Tumor konnte ent­fernt werden, jedoch wurden auch Teile des Stirn­lap­pens, die vom Tumor betrof­fen waren, ent­fernt. Die Ope­ra­ti­on ver­lief erfolg­reich, und die Ärzte waren zufrie­den, doch Elliot zeigte nach dem Ein­griff eine bemer­kens­wer­te Ver­än­de­rung.

Trotz seiner intel­lek­tu­el­len Fähig­kei­ten und Bewe­gungs­frei­heit war Elliot nicht mehr der, der er einst war. Rou­ti­ne­auf­ga­ben, die früher in weni­gen Minu­ten erle­digt waren, dau­er­ten nun Stun­den, da er sich in jedem Detail verlor. Die Pro­ble­me, die er bei all­täg­li­chen Ent­schei­dun­gen erleb­te, führ­ten zu erheb­li­chen Frus­tra­tio­nen in seinem Leben.

Anto­nio Dama­sio, ein por­tu­gie­sisch-ame­ri­ka­ni­scher Neu­ro­wis­sen­schaft­ler, begann mit der Unter­su­chung von Elliot und stell­te fest, dass dieser keine Emo­tio­nen mehr emp­fin­den konnte.

Er führte eine Reihe von Tests durch, dar­un­ter Intelligenz‑, Wahrnehmungs‑, Vor­stel­lungs- und Sprach­tests. Elliot schnitt bei diesen Tests her­vor­ra­gend ab, doch ein gra­vie­ren­des Defi­zit trat zutage: Er konnte keine Ent­schei­dun­gen mehr tref­fen. Ob es darum ging, in einem Restau­rant zu bestel­len oder einen schwar­zen oder blauen Stift zu wählen, seine Ent­schluss­lo­sig­keit machte ein nor­ma­les Leben nahezu unmög­lich.

Dama­sio bemerk­te auch, dass Elliot seine Geschich­ten stets lei­den­schafts­los und ohne jeg­li­che emo­tio­na­le Regung erzähl­te. Um dies zu über­prü­fen, ver­band Dama­sio Elliot mit einem Gerät, das die Akti­vi­tät der Schweiß­drü­sen misst – ähn­lich einem Lügen­de­tek­tor, um emo­tio­na­le Reak­tio­nen zu erfas­sen. Unab­hän­gig davon, ob Elliot ver­stö­ren­de Bilder oder all­täg­li­che Sze­na­ri­en gezeigt wurden, blie­ben seine Hand­flä­chen tro­cken. Elliot hatte schlicht­weg keine Emo­tio­nen mehr.

Elli­ots Fall war außer­ge­wöhn­lich. Früher galt Emo­tio­nen oft als irra­tio­nal und stö­rend bei Ent­schei­dun­gen. Hätte Elliot mit seiner ver­meint­lich unemo­tio­na­len Her­an­ge­hens­wei­se also bes­se­re Ent­schei­dun­gen tref­fen müssen? Die Unter­su­chung zeigte das Gegen­teil: Emo­tio­nen sind essen­ti­ell für unsere Ent­schei­dungs­fä­hig­keit.

Dama­sio stell­te fest, dass Emo­tio­nen nicht nur das Wohl­be­fin­den beein­flus­sen, son­dern auch eine zen­tra­le Rolle bei der Ent­schei­dungs­fin­dung spie­len.

Emo­tio­nen als Weg­wei­ser: Die Bedeu­tung der soma­ti­schen Marker

Wie die Geschich­te von Elliot zeigt, wird selbst die ein­fachs­te Ent­schei­dung zur Her­aus­for­de­rung, wenn Emo­tio­nen fehlen. Emo­tio­nen helfen uns nicht nur dabei, Fakten und Infor­ma­tio­nen zu bewer­ten, son­dern auch, wie wir diese in Über­ein­stim­mung mit unse­ren Erfah­run­gen, Werten und per­sön­li­chen Zielen nutzen.

Emo­tio­nen lie­fern uns also wich­ti­ge Infor­ma­tio­nen über unsere Bedürf­nis­se und Werte. Sie fun­gie­ren als inne­rer Kom­pass, der uns hilft, Ent­schei­dun­gen zu tref­fen, die mit unse­ren per­sön­li­chen Zielen und Werten über­ein­stim­men. Dama­sio erklär­te, dass soma­ti­sche Marker – oder ein­fach „Bauch­ge­füh­le“ – uns dabei unter­stüt­zen, Infor­ma­tio­nen zu prio­ri­sie­ren und Risi­ken besser ein­zu­schät­zen. Diese Marker sind ent­schei­dend für unsere Ent­schei­dungs­pro­zes­se, da sie uns Hin­wei­se geben, welche Rich­tung die rich­ti­ge ist. Sie helfen uns, Ent­schei­dun­gen zu über­prü­fen und zu bewer­ten, indem sie uns ein Gefühl dafür geben, was stim­mig und was nicht stim­mig ist.

Wenn wir keine Emo­tio­nen emp­fin­den, wird das Tref­fen von Ent­schei­dun­gen extrem schwie­rig, da uns die not­wen­di­ge emo­tio­na­le Ori­en­tie­rung fehlt. Dama­sio pos­tu­liert, dass wir emo­tio­na­le Erfah­run­gen im Körper ver­in­ner­li­chen und später in unse­ren Ent­schei­dungs­pro­zess ein­flie­ßen lassen. Die unbe­wuss­ten Erfah­rungs­wer­te zeigen sich durch die soma­ti­schen Marker. Diese können sich als Krib­beln, Zit­tern, als auf­ge­stell­te Haare oder auch als “Bauch­ge­fühl” äußern.

Den­noch ist es wich­tig zu beach­ten, dass ein unre­flek­tier­tes Ver­las­sen auf Emo­tio­nen eben­falls Risi­ken birgt.

Der Dop­pel­schnei­di­ge Cha­rak­ter der Emo­tio­nen

Auch, wenn Emo­tio­nen unfass­bar wich­tig in unse­ren Ent­schei­dungs­pro­zes­sen sind, soll­ten wir ihnen nicht blind Emo­tio­nen ver­trau­en. Zu starke emo­tio­na­le Reak­tio­nen können zu impul­si­ven Ent­schei­dun­gen führen, die wir später bereu­en.

Der Psy­cho­lo­ge Gerd Gige­renz­er unter­such­te nach den Anschlä­gen vom 11. Sep­tem­ber 2001 die Aus­wir­kun­gen von über­mä­ßi­ger Angst auf Ent­schei­dungs­pro­zes­se. Viele Men­schen wech­sel­ten aus Angst vor dem Flie­gen auf das Auto, was zu einem Anstieg der Ver­kehrs­un­fäl­le führte. Diese Über­re­ak­ti­on auf emo­tio­na­le Ein­drü­cke zeigt, dass auch Emo­tio­nen über­trie­ben werden können und zu irra­tio­na­len Ent­schei­dun­gen führen können.

Emo­tio­nen sind daher ein zwei­schnei­di­ges Schwert: Sie können uns sowohl vor Risi­ken schüt­zen als auch dazu ver­lei­ten, Fehler zu machen. Wie der his­to­ri­sche Arzt Para­cel­sus sagte: „Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift; allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift sei.“ Diese Weis­heit gilt auch für Emo­tio­nen. Ein aus­ge­wo­ge­nes Ver­hält­nis ist ent­schei­dend, um fun­dier­te Ent­schei­dun­gen zu tref­fen.

Emo­tio­nen gezielt nutzen: 3 Schrit­te zu bes­se­ren Ent­schei­dun­gen

Um das volle Poten­ti­al deiner Emo­tio­nen zu nutzen und sie in ein Werk­zeug für erfolg­rei­che Ent­schei­dun­gen zu ver­wan­deln, gibt es also ein paar Dinge zu beach­ten. Ich möchte dir daher abschlie­ßend noch drei prak­ti­sche Tipps mit an die Hand geben, wie du deine Emo­tio­nen kraft­voll und gezielt nutzen kannst.

1. Lerne deine Emo­tio­nen kennen: Reflek­tie­re regel­mä­ßig über deine emo­tio­na­len Reak­tio­nen und über­le­ge, welche Bedürf­nis­se und Werte sie wider­spie­geln. Das Bewusst­sein über deine Emo­tio­nen ermög­licht es dir, diese gezielt in den Ent­schei­dungs­pro­zess ein­zu­be­zie­hen und so besser infor­mier­te Ent­schei­dun­gen zu tref­fen.

2. Nutze Emo­tio­nen aktiv als Ent­schei­dungs­hil­fe: Bei Unsi­cher­hei­ten zwi­schen ver­schie­de­nen Optio­nen, stelle dir vor, wie sich jede Option anfüh­len würde. Achte auf die emo­tio­na­len Reak­tio­nen, die auf­kom­men, um einen Hin­weis darauf zu erhal­ten, welche Wahl für dich am besten ist.

3. Berück­sich­ti­ge die Emo­tio­nen ande­rer: Wenn Ent­schei­dun­gen Aus­wir­kun­gen auf andere haben, ist es wich­tig, deren Emo­tio­nen und Per­spek­ti­ven zu berück­sich­ti­gen. Dies för­dert nicht nur bes­se­re Bezie­hun­gen, son­dern sorgt auch für eine aus­ge­wo­ge­ne und inte­gra­ti­ve Ent­schei­dungs­fin­dung.

Fazit

Emo­tio­nen sind unver­zicht­bar für fun­dier­te Ent­schei­dun­gen. Sie lie­fern uns wert­vol­le Infor­ma­tio­nen über unsere Werte, Bedürf­nis­se und Risi­ken. Wäh­rend ein aus­ge­wo­ge­nes Ver­hält­nis zwi­schen emo­tio­na­lem und ratio­na­lem Denken ent­schei­dend ist, kann das Ver­ste­hen und die bewuss­te Nut­zung von Emo­tio­nen unsere Ent­schei­dungs­fä­hig­keit erheb­lich ver­bes­sern.

Wenn du dir Unter­stüt­zung wünschst, um Ent­schei­dungs­pro­zes­se in deiner Orga­ni­sa­ti­on zu opti­mie­ren, lade ich dich herz­lich zu einem unver­bind­li­chen Erst­ge­spräch ein. Gemein­sam erar­bei­ten wir indi­vi­du­el­le Stra­te­gien, um dich und dein Unter­neh­men erfolg­reich vor­an­zu­brin­gen.

Christian Koudela

Entscheidungsnavigator, Autor, Berater & Trainer

Ich will echte Veränderungen ermöglichen und Unternehmen zu einem Ort machen, an dem Wertschätzung für die Leistungen und Kompetenzen aller Beteiligten zum Alltag gehört. An dem die Arbeit Freude und Sinn stiftet – ein arbeitswerter Ort ist. Und nicht nur ein Rettungsanker sein, mit dem du dich immer wieder von einer herausfordernden Entscheidung zur nächsten hangelst.

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